In seinem Beschluss vom 10.09.2024 entschied das OLG Frankfurt (Az. 6 UF 144/24) über einen Sorgerechtsfall, in dem es wegen massiver häuslicher Gewalt zu einem Sorgerechtsentzug des Kindesvaters kam. Der Kindesmutter wurde das alleinige Sorgerecht für die gemeinsamen minderjährigen Kinder übertragen.
Ausgangslage:
Ein Sorgerechtsentzug bzw. die Sorgerechtsübertragung allein auf einen Elternteil setzt die Zustimmung des anderen voraus. Alternativ kommt sie in Betracht, wenn die Übertragung auf einen Elternteil alleine dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
Die Hürden für eine Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge sind hoch. Denn in Konfliktfällen reicht es zumeist aus, eine Vollmachtslösung zu installieren oder nur einzelne Teile der elterlichen Sorge, wie etwa das Aufenthaltsbestimmungsrecht oder die Gesundheitsfürsorge auf einen allein zu übertragen. In den übrigen Belangen müssen die Eltern weiter miteinander zum Wohle der Kinder kommunizieren. Es ist das jeweils mildeste, aber effektive Mittel zu wählen, um eine Kindeswohlgefährdung zu unterbinden oder zu vermeiden.
Der Fall:
Die geschiedenen Beteiligten haben zwei minderjährige Kinder. Im Zuge der Trennung und Scheidung kam es zu Gewaltanwendungen und Todesdrohungen gegen die Kindesmutter durch den Kindesvater. Die Kinder mussten dies leider miterleben. Es wurden mehrfach Kontakt- und Annäherungsanordnungen im Sinne des GewSchG erlassen, wogegen der Kindesvater verstieß.
Das OLG Frankfurt bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts, das die elterliche Sorge auf die Kindesmutter allein übertrug. Wegen der fortwährenden Aggression und Gewaltausübung gegen die Mutter habe es keine dem Kindeswohl dienliche Kommunikation auf Augenhöhe zwischen den Eltern mehr geben können. Der Kindesmutter sei es wegen der Gewalterfahrung und der gegen sie gerichteten Todesdrohung nicht mehr zumutbar, sich mit dem Aggressor regelmäßig über die Belange der Kinder auszutauschen.
Die Kinder waren durch das Miterleben selbst psychischer Gewalt ausgesetzt. Die physische Gewalt gegen die Mutter sowie auch die Drohungen stellten eine spezielle Form der Kindesmisshandlung dar. Zudem sprach auch der beachtliche Wille der Kinder gegen das Ergreifen eines milderen Mittels im Sorgerechtsverfahren. Kinder müssen in sorgerechtlichen Fragen angehört werden. Ihnen wird regelmäßig auch ein Verfahrensbeistand zur Seite gestellt. Vorliegend hatten sie sich klar gegen ein Sorgerecht des Vaters ausgesprochen.
Fazit:
Generell sollten Eltern auch in konfliktbelasteten Situationen nach der Trennung gemeinsam für das Wohl der Kinder sorgen, Jugendamt und Erziehungsberatung stehen hier helfend zur Seite. Bei einer derartigen Gewalterfahrung innerhalb der Familie blieb dem Gericht allerdings nur der Sorgerechtsentzug auf Seiten des Vaters, um weiteren Schaden abzuwenden.