Wer fährt nicht gerne einmal mit dem eigenen Wagen über eine legendäre Rennstrecke wie die Nordschleife des Nürburgrings, auch bekannt als „Grüne Hölle“? Bei den sogenannten Touristenfahrten erleben viele Hobbyfahrer den Nervenkitzel des Motorsports. Doch wo hohe Geschwindigkeiten und sportliche Fahrweise aufeinandertreffen, ist das Unfallrisiko groß.
Kommt es auf der Rennstrecke zu einem Crash, stellt sich für alle Beteiligten die entscheidende Frage: Wer haftet für den Schaden?
Was bedeutet „erhöhte Betriebsgefahr“?
Jedes Fahrzeug, das im Straßenverkehr betrieben wird, birgt eine gewisse Gefahr. Das nennt man im juristischen Sinne Betriebsgefahr. Sie ist einer der Gründe, warum Halter von Kraftfahrzeugen grundsätzlich für Schäden haften, die beim Betrieb ihres Fahrzeugs entstehen – selbst wenn sie kein direktes Verschulden trifft.
Das Landgericht (LG) Koblenz hat nun klargestellt, dass diese Betriebsgefahr bei Touristenfahrten auf einer professionellen Rennstrecke generell erhöht ist (Urt. v. 05.08.2025, Az.: 5 O 132/20).
Gründe für die erhöhte Gefahr:
Gefahrenträchtige Örtlichkeit: Die Strecken sind für sportliches Fahren und hohe Geschwindigkeiten ausgelegt.
Gefahrträchtige Verkehrssituation: Es treffen unerfahrene Laien auf sehr schnelle, „im Rennmodus“ fahrende Autos.
Erhöhte Auffahrunfall-Gefahr: Schnelle Annäherung von hinten und spontane Bremsmanöver erhöhen das Risiko eines Crashs.
Ein typisches Beispiel aus der Praxis
Stellen Sie sich vor: Zwei Pkws fahren bei einer Touristenfahrt auf der Nordschleife hintereinander. Vor ihnen stürzt ein Motorradfahrer, und sein Motorrad bleibt auf der Fahrbahn liegen. Der erste Pkw bremst stark ab. Der Fahrer des nachfolgenden Pkws reagiert zu spät, hält den Abstand nicht ein und fährt auf.
Das LG Koblenz urteilte in einem ähnlichen Fall, dass der auffahrende Fahrer zwar die Hauptschuld trage (wegen des Verstoßes gegen die Abstandsregeln), doch auch die Betriebsgefahr des gestürzten Motorrads zu berücksichtigen sei. Trotz des Fehlverhaltens des Auffahrenden musste die Versicherung des Motorradfahrers einen Teil des Schadens (20%) tragen, da die erhöhte Betriebsgefahr des am Unfall beteiligten Krads mitursächlich war.
Was Sie als Fahrer wissen sollten
Das Urteil macht deutlich: Auf einer Rennstrecke herrschen erhöhte Risiken, die sich auch in der Haftung widerspiegeln.
Auch wenn Sie keinen direkten Fehler begehen, kann die erhöhte Betriebsgefahr Ihres Fahrzeugs eine Teilhaftung bei einem Unfall begründen.
Die Richter gehen davon aus, dass Unfälle bei solchen Fahrten selten „unabwendbar“ sind – es wird von jedem Fahrer besondere Sorgfalt gefordert.
Selbst wenn der Unfallgegner einen klaren Fahrfehler macht (z.B. zu geringer Abstand), kann Ihre eigene Betriebsgefahr zu einer Mithaftung führen.
Wenn Sie in einen Unfall auf einer Rennstrecke verwickelt werden, ist eine genaue juristische Analyse der Situation unerlässlich. Gerne beraten wir Sie zu Ihren Rechten und Pflichten nach einem solchen Ereignis.