Bierlieferungsverträge und Grundbucheintragungen: Was das OLG Nürnberg zum „Bierzwang“ sagt

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In der Gastronomie sind sie ein bekanntes Phänomen: Bierlieferungsverträge, die einen Wirt über viele Jahre an eine bestimmte Brauerei binden. Man spricht hier auch von der „Bierlieferungsknechtschaft“. Was aber, wenn solche Verträge nicht nur schuldrechtlich, sondern sogar im Grundbuch abgesichert werden? Mit dieser Frage befasste sich kürzlich das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg in einem Hinweisbeschluss vom 3. April 2025 (Az. 3 U 2360/24).

 

Worum ging es in dem Fall?

 

Im vorliegenden Fall ging es um eine Gaststätte, die im Grundbuch mit einer Grunddienstbarkeit belastet war. Diese Dienstbarkeit sicherte die Verpflichtung, ausschließlich Bier einer bestimmten Brauerei auszuschenken. Dieser „Bierzwang“ wurde durch ein dingliches Recht abgesichert. Die Eigentümerin der Gaststätte wollte sich von dieser Bindung lösen, argumentierte aber, dass die Dienstbarkeit nichtig sei, weil der ursprüngliche Bierlieferungsvertrag, den sie absichern sollte, inzwischen unwirksam geworden sei. Dies begründete sie damit, dass der Vertrag eine unangemessen lange Laufzeit hatte und die Marktlage sich fundamental geändert hatte.

 

Die Entscheidung des Gerichts

 

Das OLG Nürnberg stellte klar, dass die Unwirksamkeit eines Bierlieferungsvertrages nicht automatisch dazu führt, dass auch die im Grundbuch eingetragene Dienstbarkeit hinfällig wird. Es gilt das sogenannte Abstraktionsprinzip. Dies bedeutet, dass die Wirksamkeit eines dinglichen Geschäfts (hier: die Grunddienstbarkeit) unabhängig von der Wirksamkeit des ihm zugrundeliegenden schuldrechtlichen Geschäfts (hier: der Bierlieferungsvertrag) ist. Die Brauerei behält also den durch die Dienstbarkeit gesicherten Vorteil, auch wenn die ursprüngliche Vertragsbeziehung nicht mehr besteht. Die Brauerei durfte von der Eigentümerin weiterhin verlangen, dass auf dem Grundstück keine Konkurrenzprodukte verkauft werden.

 

Beispiel aus der Praxis

 

Stellen Sie sich vor, ein Wirtshaus in Wetzlar ist seit Jahrzehnten im Familienbesitz. Im Jahr 1995 wurde ein Bierlieferungsvertrag mit Brauerei A geschlossen, der im Grundbuch als Dienstbarkeit eingetragen wurde. Zehn Jahre später ändert sich der Markt, und der Wirt möchte das Angebot um das gefragte Craft Beer der Brauerei B erweitern. Er kündigt den alten Vertrag. Doch die Brauerei A pocht auf die Grundbucheintragung. Nach Ansicht des OLG Nürnberg kann der Wirt hier nicht einfach argumentieren, dass die Dienstbarkeit nichtig sei, nur weil der ursprüngliche Vertrag unwirksam wurde. Der Wirt ist auch weiterhin durch die dingliche Last an Brauerei A gebunden.

 

Was bedeutet das für Sie?

 

Der Beschluss verdeutlicht, wie wichtig es ist, die Tragweite von Grundbucheintragungen zu verstehen.

  • Eine Dienstbarkeit hat auch dann Bestand, wenn der ihr zugrundeliegende Vertrag nichtig ist.

  • Dingliche Rechte sind weitreichend und überdauern oft schuldrechtliche Vereinbarungen.

  • Bei der Übernahme eines Grundstücks, insbesondere einer Gewerbeimmobilie, ist eine sorgfältige Prüfung des Grundbuchs unerlässlich.

Wenn Sie mit einem ähnlichen Problem konfrontiert sind, ist eine juristische Beratung unerlässlich. Wir helfen Ihnen gerne, die rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen und eine Lösung zu finden.

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