Wir haben 5 neue und spannende Entscheidungen im Familienrecht für Sie zusammengefasst.
1. Teilungsversteigerung der Ehewohnung vor Rechtskraft der Scheidung
In seinem Beschluss vom 04.11.2021, Az.: 23 UF 259/21, hat das OLG Dresden entschieden, dass die Beantragung der Teilungsversteigerung durch einen Ehegatten als hälftiger Miteigentümer einer Immobilie auch schon vor Rechtskraft der Scheidung, also während der Trennungszeit, zulässig ist. Damit hat sich das OLG Dresden gegen die anderslautende Rechtsprechung des OLG Hamburg gestellt, weswegen das Gericht auch die Rechtsbeschwerde zum BGH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsbesprechung zugelassen hat.
Da im vorliegenden Fall nach Ansicht des Gerichtes keine die Veräußerung hindernde Recht gegeben sind und auch andere Umstände, die die Beantragung der Teilungsversteigerung unzulässig machen würden, nicht vorliegen, ist die Beantragung der Teilungsversteigerung durch einen Ehegatten auch in der Trennungszeit zulässig. Insbesondere ist diese nicht aus den Grundsätzen von Treu und Glauben, der zu einem Schutz des räumlich-gegenständlichen Bereichs der Ehewohnung führt, ausgeschlossen. Somit kann jeder Ehegatte als Mitglied der Bruchteilsgemeinschaft an der Immobilie jederzeit die Teilungsversteigerung beantragen, der durch den anderen Ehegatten nur erfolgreich begegnet werden kann, wenn beispielsweise die Interessen der gemeinsamen Kinder tangiert sind oder es sich bei dem Immobilienanteil um das wesentliche Vermögen des die Teilungsversteigerung beantragenden Ehegatten handelt.
2. Versagung von Trennungsunterhalt, wenn der berechtigte Ehegatte sich eines schweren vorsätzlichen Vergehens, hier Diebstahl von Goldbarren im Wert von 150.000,00 €, schuldig macht.
Das Amtsgericht Darmstadt (Beschluss vom 03.01.2022, Az.: 51 F 1759/21) hat der an sich unterhaltsberechtigten Ehefrau den Anspruch auf Trennungsunterhalt versagt und ihr die Kosten des Verfahrens auferlegt. Die antragstellende Ehefrau hatte bei Auszug aus der Ehewohnung drei im Alleineigentum des Ehemannes stehende Goldbarren im Gesamtwert von 150.000,00 € mit sich genommen, um diese für sich zu verwenden. Damit hat sie den Straftatbestand des Diebstahls erfüllt, was nach Ansicht des Amtsgerichtes Darmstadt bereits jetzt, obwohl über die Anklagezulassung gegen die Ehefrau durch das Strafgericht noch nicht entschieden worden ist, dazu führt, dass von der sogenannten Verwirkung des Unterhaltsanspruchs wegen grob unbilligem Verhaltens des Anspruchstellers auszugehen ist.
Die Verwirkung betrifft selbstverständlich nicht den Anspruch der gemeinsamen Kinder auf Kindesunterhalt, der ebenfalls durch die Ehefrau geltend gemacht wird, bei der die Kinder leben.
3. Scheidung trotz Suizidgefährdung wegen Depression
Liegen besondere Härten vor, kann das Gericht die Scheidung einer Ehe ablehnen. Eine solche Härte ist aber nicht bereits gegeben, weil der ablehnende Ehegatte, hier die Ehefrau, seit sehr langer Zeit an Depressionen leidet und grundsätzlich suizidgefährdet ist. Das OLG Bamberg hat in seiner Entscheidung vom 15. Dezember 2021, Az.: 7 UF 211/21, die Scheidung, die durch das Amtsgericht beschlossen wurde, bestätigt. Der Ehemann hatte den Scheidungsantrag nach Ablauf des Trennungsjahres gestellt. Härtegründe aufgrund der psychischen Erkrankung der Ehefrau lägen nicht vor. Diese sei aufgrund der vollzogenen Trennung bereits seit einem Jahr mit dem Scheitern der Ehe konfrontiert. Hier sei also die Härte durch das Scheitern der Ehe verursacht. Eine Ablehnung der Scheidung käme aber nur für solche Härten in Betracht, die durch die Scheidung selbst verursacht würden. Die Scheidung von Ehen, in denen ein Ehepartner erkrankt ist und bei einer Scheidung aufgrund seines Krankheitszustandes Nachteile erleidet, sei in der Regel möglich.
4. Mädchenvornamen Siri bzw. Alexa dürfen geändert werden
Ein Mädchen, dessen Vorname mit dem Namen eines bekannten Sprachassistenten identisch ist, hat einen Anspruch auf Änderung seines Vornamens durch Hinzufügen eines zweiten Vornamens. Die seelische Belastung durch Mobbing und Hänseleien stellt einen wichtigen Grund für die Namensänderung i.S.d. § 3 Abs. 1 NamÄndG dar. Den öffentlichen Interessen bei der Änderung des Vornamens – zumal hier nur die Hinzufügung eines zweiten Vornamens im Raum steht – kommt im Vergleich zur Änderung des Familiennamens ein geringeres Gewicht zu (VG Göttingen, Urt. v. 21.6.2022 – 4 A 79/21).
5. Steuererstattungen im Zugewinnausgleich: Stichtag entscheidend
Beim Zugewinnausgleich im Zuge einer Scheidung sind Anfangs- und Endvermögen der Ehepartner ausschlaggebend. Dies führt nicht selten zu Auseinandersetzungen, die das
Gericht klären muss. Das Ehepaar hatte am 31. Dezember 2000 geheiratet. 2015 ließ es sich scheiden und stritt anschließend noch um den Zugewinnausgleich. Die Frau hatte sich einen Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe von rund 30.800 Euro errechnet. Ihr geschiedener Mann ging von einer niedrigeren Summe aus, da er meinte, dass sein Anfangsvermögen höher gewesen sei. Unter anderem war er der Meinung, dass die für 2000 errechnete Steuererstattung von rund 4.450 Euro, ausgezahlt 28. April 2001, mit einzuberechnen sei. Die Heirat habe schließlich erst am letzten Tag des Steuerjahres stattgefunden.
Nein, sagte das Gericht, die Steuererstattung sei bei der Bemessung des Anfangsvermögen nicht zu berücksichtigen, da das Steuerjahr am Stichtag noch nicht beendet gewesen sei. Der Veranlagungszeitraum müsse an diesem Tag jedoch bereits abgelaufen sein. Das sei auch nicht grob unbillig. Im Gegenteil sei der Mann durch die Heirat am 31. Dezember 2000 berechtigt gewesen, die steuerlichen Vorteile der Eheschließung für das gesamte Jahr geltend zu machen. Umgekehrt müsse er als Folge des strengen Stichtagsprinzips hinnehmen, dass die Erstattungsforderung zum relevanten Zeitpunkt – wenn auch denkbar knapp – nicht fällig gewesen sei. Oberlandesgericht Köln am 26. August 2020 (AZ: 10 UF 114/19)