Gekündigt trotz Lob? Wann eine Probezeitkündigung unwirksam sein kann

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Die Probezeit dient dazu, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer kennenlernen. In dieser Phase gilt ein gelockerter Kündigungsschutz, der es dem Arbeitgeber ermöglicht, das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von nur zwei Wochen ohne Angabe von Gründen zu beenden. Doch dieser Grundsatz gilt nicht ausnahmslos. Widersprüchliches Verhalten des Arbeitgebers kann eine solche Kündigung unwirksam machen.

 

Der Grundsatz von Treu und Glauben im Arbeitsrecht

 

Auch wenn das Kündigungsschutzgesetz in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses in der Regel noch nicht greift, sind Arbeitnehmer nicht völlig schutzlos. Jede Kündigung muss dem sogenannten Maßregelungsverbot standhalten und darf nicht willkürlich oder treuwidrig sein. Der allgemeine Grundsatz von „Treu und Glauben“ (§ 242 BGB) verlangt von beiden Vertragsparteien ein faires und redliches Verhalten. Widersprüchliches Verhalten (venire contra factum proprium) ist ein klassischer Fall der Treuwidrigkeit.

 

Was bedeutet widersprüchliches Verhalten konkret?

 

Von widersprüchlichem Verhalten spricht man, wenn ein Arbeitgeber durch sein Verhalten ein besonderes Vertrauen beim Arbeitnehmer erweckt hat, auf das dieser sich verlassen durfte, und die spätere Kündigung diesem Vertrauenstatbestand fundamental widerspricht. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitgeber kurz vor Ausspruch der Kündigung noch die feste Übernahme zugesichert hat.

Ein kurzes Beispiel: Ein Angestellter befindet sich in der fünften von sechs Monaten Probezeit. In einem Personalgespräch teilt ihm sein Vorgesetzter ausdrücklich mit: „Wir sind außerordentlich zufrieden mit Ihrer Arbeit. Sie können fest mit einer Übernahme nach der Probezeit rechnen.“ Daraufhin lehnt der Angestellte ein anderes Jobangebot ab. Zwei Wochen später erhält er überraschend die Kündigung in der Probezeit, ohne dass ein konkreter Vorfall stattgefunden hat. In diesem Fall hat der Arbeitgeber ein schutzwürdiges Vertrauen geschaffen. Die anschließende Kündigung ist treuwidrig und damit unwirksam. So hat auch das Landesarbeitsgericht Düsseldorf entschieden.

 

Was können betroffene Arbeitnehmer tun?

 

Sollten Sie eine Kündigung erhalten haben, die Ihnen nach vorherigen Zusagen oder positivem Feedback willkürlich erscheint, ist schnelles Handeln entscheidend.

  • Suchen Sie umgehend Rechtsberatung: Für eine Kündigungsschutzklage gilt eine Frist von nur drei Wochen ab Zugang der Kündigung.

  • Dokumentieren Sie alles: Halten Sie den Inhalt von Gesprächen, E-Mails oder sonstige positive Rückmeldungen schriftlich fest.

  • Prüfen lassen: Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht kann prüfen, ob in Ihrem Fall die Kündigung erfolgreich angegriffen werden kann.

Die Probezeit ist kein rechtsfreier Raum. Auch hier müssen sich Arbeitgeber an grundlegende Prinzipien der Fairness halten. Als Ihre Kanzlei in Wetzlar stehen wir Ihnen bei allen arbeitsrechtlichen Fragen zur Seite.

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