Schenkung an Minderjährige: Wann Eltern ihre Kinder vertreten dürfen

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Eltern, die ihren minderjährigen Kindern schon zu Lebzeiten Immobilienvermögen übertragen möchten, stehen oft vor rechtlichen Hürden. Eine zentrale Frage ist dabei, ob sie ihre Kinder bei dem Schenkungsvertrag selbst vertreten dürfen oder ob ein vom Gericht bestellter Ergänzungspfleger notwendig ist. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit einem aktuellen Beschluss für mehr Klarheit gesorgt und die Übertragung von Miteigentumsanteilen erleichtert.

 

Der Fall: Schenkung von Miteigentum an die eigenen Kinder

 

Ein Vater wollte ein ihm gehörendes Grundstück zu je hälftigem Miteigentum an seine beiden minderjährigen Kinder verschenken. Beim Notartermin vertraten er und seine Ehefrau die Kinder. Das Grundbuchamt verweigerte jedoch die Eintragung und forderte die Genehmigung durch einen Ergänzungspfleger. Die Begründung: Der Erwerb von Miteigentum sei für die Kinder nicht „lediglich rechtlich vorteilhaft“, da sie als Miteigentümer auch Pflichten übernehmen, etwa für Kosten und Lasten des Grundstücks (§ 748 BGB).

 

Die entscheidende Frage: Nur ein Vorteil oder auch ein Nachteil?

 

Grundsätzlich dürfen Eltern ihre Kinder nicht bei Geschäften vertreten, bei denen sie selbst Vertragspartner sind (sog. „Insichgeschäft“, § 181 BGB). Eine Ausnahme gilt jedoch, wenn das Geschäft für den Minderjährigen ausschließlich einen rechtlichen Vorteil bringt (§ 107 BGB). Die Vorinstanzen sahen hier einen Nachteil, da die Kinder als Miteigentümer eine Gemeinschaft bilden und dadurch persönliche Verpflichtungen entstehen, die über das erworbene Grundstück hinausgehen können.

 

Die Klarstellung des Bundesgerichtshofs (BGH)

 

Der BGH widersprach dieser Ansicht und hob die Entscheidung auf (Beschl. v. 18.04.2024, Az. V ZB 51/23).

 

Die Richter stellten klar:

  • Kein rechtlicher Nachteil: Der Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem nicht vermieteten oder verpachteten Grundstück ist für einen Minderjährigen lediglich rechtlich vorteilhaft.

  • Kein Vergleich mit Wohnungseigentum: Die Situation ist nicht mit dem Erwerb einer Eigentumswohnung vergleichbar. Dort treten Minderjährige in eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ein, was unmittelbare und weitreichende Zahlungspflichten (z. B. Hausgeld) auslöst. Die Verpflichtungen in einer reinen Bruchteilsgemeinschaft sind deutlich geringer.

  • Praktische Vernunft: Es wäre ein Wertungswiderspruch, wenn die Schenkung eines ganzen Grundstücks an ein Kind ohne Ergänzungspfleger möglich ist, die Schenkung desselben Grundstücks an zwei Kinder zu je einer Hälfte aber nicht.

 

Was das für Sie in der Praxis bedeutet

 

Diese Entscheidung ist eine gute Nachricht für Familien. Sie vereinfacht die vorweggenommene Erbfolge erheblich. Wenn Sie Ihren Kindern ein unbelastetes und nicht vermietetes Grundstück oder Haus schenken möchten, ist dies nun auch bei mehreren Kindern als Miteigentümer in der Regel ohne den zeit- und kostenaufwendigen Umweg über einen Ergänzungspfleger möglich. Weitere 
Informationen hierzu finden sich auch in diesem Beitrag.

 

Wichtig: Dies gilt nicht für vermietete Objekte oder Eigentumswohnungen. Hier bleibt aufgrund der komplexeren Verpflichtungen eine Genehmigung durch einen Ergänzungspfleger oder das Familiengericht erforderlich. Für eine rechtssichere Gestaltung Ihrer Vermögensübertragung beraten wir Sie gerne.


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