Vorsicht, Steuerfalle! Immobilie an Kinder übertragen – Wann das Finanzamt mitverdient

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Viele Eltern möchten ihren Kindern schon zu Lebzeiten eine Immobilie zukommen lassen, etwa im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Das ist eine gängige und oft sinnvolle Vorgehensweise. Doch Vorsicht: Wenn die Übertragung innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist erfolgt und das Kind im Gegenzug Verbindlichkeiten übernimmt, kann unerwartet eine hohe Steuerlast entstehen. Ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) zeigt die Tücken auf.

 

Der Fall: Teilschenkung mit teuren Folgen

 

Grundsätzlich gilt: Gewinne aus dem Verkauf von privaten Immobilien sind steuerpflichtig, wenn zwischen Anschaffung und Verkauf weniger als zehn Jahre liegen (sog. Spekulationssteuer). Doch was passiert bei einer Übertragung an die eigenen Kinder? Hier wird oft angenommen, es handle sich um eine Schenkung ohne steuerliche Konsequenzen.

Das ist jedoch nur die halbe Wahrheit, wie der BFH klarstellte. Übernimmt das beschenkte Kind bestehende Darlehen, die auf der Immobilie lasten, wertet das Finanzamt dies als eine Gegenleistung. Die Übertragung ist somit teilentgeltlich: ein Teil ist geschenkt, der andere Teil „gekauft“. Und genau dieser „gekaufte“ Anteil kann die Spekulationssteuer auslösen.

 

Ein Beispiel aus der Praxis

 

Ein Vater übertrug eine Immobilie, die er 2015 für 150.000 € gekauft hatte, im Jahr 2020 auf seine Tochter.

  • Verkehrswert der Immobilie (2020): 200.000 €

  • Übernommenes Darlehen durch die Tochter: 120.000 €

Das Finanzamt rechnete wie folgt: Die Gegenleistung (120.000 €) entsprach 60 % des Verkehrswertes. Somit wurde die Übertragung zu 60 % als steuerpflichtiger Verkauf gewertet.

Die Berechnung des Gewinns erfolgte anteilig:

  • Verkaufserlös: 120.000 €

  • Anteilige Anschaffungskosten (60 % von 150.000 €): ./. 90.000 €

Aus dieser Differenz (zuzüglich der bereits geltend gemachten Abschreibungen) ergab sich ein steuerpflichtiger Gewinn von rund 30.000 €. Für den Vater bedeutete dies eine erhebliche und unerwartete Steuernachzahlung.

 

Was Sie bei der Immobilienübertragung beachten sollten

 

Der Fall zeigt eindrücklich: Auch wenn der „Verkaufserlös“ (das übernommene Darlehen) unter dem ursprünglichen Kaufpreis liegt, kann durch die anteilige Berechnung ein steuerpflichtiger Gewinn entstehen.

  • Prüfen Sie die Fristen: Liegt der Kauf der Immobilie mehr als zehn Jahre zurück? Dann fällt keine Spekulationssteuer an.

  • Achtung bei Gegenleistungen: Nicht nur die Übernahme von Schulden, auch eine Rentenzahlung kann als Gegenleistung gelten und die Steuerfalle auslösen.

  • Schenkungsteuer im Blick behalten: Der unentgeltliche Teil der Übertragung (im Beispiel 80.000 €) unterliegt der Schenkungsteuer. Hier gelten jedoch hohe Freibeträge (400.000 € pro Kind alle zehn Jahre).

Um kostspielige Überraschungen zu vermeiden, ist eine sorgfältige Planung unerlässlich. Lassen Sie sich vor einer geplanten Immobilienübertragung an Ihre Kinder von uns notariell zusammen mit ihrem Steuerberater beraten. Wir prüfen Ihre individuelle Situation und zeigen Ihnen die sichersten Wege auf.

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