Reicht eine Testamentskopie?

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Stellen Sie sich folgende Situation vor: Ein geliebter Mensch verstirbt und hat Sie in einem handschriftlichen Testament als Alleinerben eingesetzt. Doch nach dem Tod ist das Originaldokument wie vom Erdboden verschluckt. Alles, was Sie in den Händen halten, ist eine einfache Kopie. Bedeutet das, dass der letzte Wille des Verstorbenen nun wertlos ist und die gesetzliche Erbfolge greift?

 

Diese Frage beschäftigt viele Erben und sorgt für große Unsicherheit. Die gute Nachricht vorweg: Eine Kopie ist nicht zwangsläufig wertlos. Auch wenn das Originaltestament fehlt, kann Ihr Erbrecht unter bestimmten Voraussetzungen anerkannt werden.

 

 

Eröffnung der Testamentskopie beim Nachlassgericht

 

Früher war es in der Rechtsprechung umstritten, ob eine bloße Kopie eines Testaments vom Nachlassgericht überhaupt offiziell „eröffnet“ werden kann. Die Eröffnung ist der formale Akt, mit dem das Gericht den Inhalt einer letztwilligen Verfügung bekannt gibt.

Neuere Gerichtsentscheidungen, wie die des Oberlandesgerichts München, haben hier für mehr Klarheit gesorgt. Die Richter argumentieren: Wenn man mit einer Kopie sein Erbrecht nachweisen kann, dann muss es auch konsequent möglich sein, diese Kopie eröffnen zu lassen. Voraussetzung ist, dass glaubhaft dargelegt wird, warum nur die Kopie und nicht das Original vorgelegt werden kann.

 

Der Weg zum Erbschein mit einer Testamentskopie

 

Der Verlust des Originals macht ein Testament nicht automatisch unwirksam. Entscheidend ist, dass der Erblasser es nicht selbst in der Absicht vernichtet hat, es zu widerrufen. Allein die Unauffindbarkeit des Dokuments begründet eine solche Widerrufsabsicht noch nicht.

Um auf Grundlage der Kopie einen Erbschein zu erhalten, müssen Sie dem Nachlassgericht die formgültige Errichtung und den Inhalt des ursprünglichen Testaments beweisen. An diesen Nachweis werden strenge Anforderungen gestellt.

 

Wie kann der Beweis gelingen?

 

  • Die Kopie selbst: Das wichtigste Beweismittel ist die vorgelegte Abschrift oder das Foto des Testaments.

  • Zeugen: Personen, die das Originaltestament gesehen, gelesen haben oder sogar bei der Erstellung anwesend waren, können als Zeugen benannt werden.

  • Handschriftengutachten: In manchen Fällen kann ein Schriftgutachter anhand der Kopie prüfen, ob die Unterschrift tatsächlich vom Erblasser stammt.

  • Ihre eigene Versicherung: Sie müssen an Eides statt versichern, dass Ihnen keine Umstände bekannt sind, die gegen die Gültigkeit des Testaments sprechen.

Fazit

 

Auch wenn nur eine Kopie des Testaments vorliegt, ist die Hoffnung auf die Anerkennung des Erbrechts nicht verloren. Der Weg zum Erbschein ist jedoch komplex und erfordert eine sorgfältige Beweisführung. Um Fehler zu vermeiden und Ihre Ansprüche wirksam durchzusetzen, ist eine frühzeitige anwaltliche und notarielle Beratung unerlässlich. Wir unterstützen Sie dabei, die notwendigen Schritte vor dem Nachlassgericht einzuleiten.

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